Die Tagespost: Bildung kommt nicht von Bildschirm

Am 6. Mai verfolgte die ganze Welt die Krönung von Charles III. Die ganze Welt? Nein! Ein paar Unbeugsame fanden sich in Trumau zusammen, der „schönsten Stadt Österreichs“, wie der anwesende Bürgermeister Andreas Kollross versicherte. Allerdings war auch dieser nur Gast, denn die Veranstaltung fand nicht im Rathaus, sondern an der Katholischen Hochschule ITI statt, die zu einem zweitägigen „Internationalen Bildungsgipfel“ geladen hatte.

Bei innerem Erkenntnisgewinn helfen

Die europäischen Adelshäuser waren hier zwar nicht vertreten, doch ließ die Rednerliste an Prominenz keinerlei Wünsche offen. Hier ist in vorderster Reihe Kardinal Christoph Schönborn zu nennen, Erzbischof von Wien und Großkanzler der Hochschule. Als hätte er sich mit King Charles abgesprochen, der an diesem Tag verkünden würde, er sei nicht gekommen, um bedient zu werden, sondern um zu dienen, betonte auch der Kardinal unter Berufung auf die großen Kirchenlehrer, dass ein Lehrer in erster Linie der Diener, nicht der Meister seiner Schüler sei. So, wie der Arzt die Gesundheit im Patienten nicht erzeugen, sondern nur dessen Selbstheilungskräfte aktivieren könne, könne auch der Lehrer keine Erkenntnisse in seine Schüler eintrichtern, sondern lediglich beim inneren Erkenntnisgewinn assistieren.

Aus dem großen Schatz jüdischer Tradition schöpfte der Dekan der Hochschule, Bernhard Dolna. Dem geflügelten Wort „Wissen ist Macht“ stehe, so Dolna, das jüdische Bildungsideal diametral entgegen, dessen Ziel gerade nicht der Erwerb von Erfolg und Macht sei, sondern die Heiligung des Lebens, das Wissen um die Gottesebenbildlichkeit des Menschen. Continue reading