Der Neue Rektor am ITI Spricht mit dem SONNTAG

Neuer Rektor an der ITI: Bernhard Dolna im Interview. Erkenntnisse aus fünf Jahrzehnten Theologie. Tauchen Sie ein in eine Welt der Weisheit, Tradition und zeitgemäßen Fragen an der Katholischen Hochschule Trumau.

Seit 1. August ist Bernhard Dolna Rektor der Katholischen Hochschule Trumau (ITI). Der 69-Jährige spricht mit dem SONNTAG über seine Aha-Momente in der Wissenschaft, seine Lieblingstheologen und die Gefahr von Theologie im Elfenbeinturm. Die Katholische Hochschule wurde 1996 gegründet. Rund 90 Studierende aus aller Welt lernen und leben am Campus südlich von Wien.

Herr Professor Dolna, werden Sie als Rektor neue Schwerpunkte am ITI setzen?

Meine Erfahrung ist: Wenn ich etwas neu machen möchte, muss ich zuerst in die Tiefe gehen. Ich werde also die Tradition des Hauses fortführen und dessen Quellen weiter vertiefen. Darüber hinaus ist mir das Judentum besonders wichtig. Auch Fragen des Antisemitismus in der Theologie, sowie die geschichtliche Aufarbeitung des Holocaust sind große notwendige Themen wie mein verehrter Lehrer Professor Kurt Schubert, Gründer der Judaistik im deutschsprachigen Raum nach dem Zweiten Weltkrieg, immer betont hat.   

Seit fast fünf Jahrzehnten beschäftigen Sie sich mit Theologie. Welche Aha-Momente hatten Sie in dieser Zeit?

Für mich war vor rund zwanzig Jahren die Wiederentdeckung der alten Quellen unserer Tradition zentral. Die griechischen Kirchenväter, deren Inhalte sehr stark christuszentriert sind, haben eine Lebendigkeit, die zeitlos ist. Die Frische und Dramatik in ihren Texten waren und sind für mich sowohl erschütternd als auch beglückend. Wichtig ist für mich die frühe rabbinische Schrifttradition in Verbindung mit dem Christentum.

Gibt es einen theologischen Gedanken, der Sie besonders fasziniert?

Der Kenosis-Gedanke, von dem Paulus im Philipperbrief spricht: Christus, der Gott gleich war, der nicht daran festgehalten hat, wie Gott zu sein, der wie ein Sklave wurde, den Menschen gleich.

Haben Sie einen Lieblingstheologen?

Das ist immer wieder ein anderer. Aber ganz grundlegend ist der heilige Thomas von Aquin in seiner Gesamtschau für mich. Auch Origenes, einen frühen Theologen, habe ich sehr gern, ebenso Hans-Urs von Balthasar.

Wie beeinflussen einander die Theologie als Wissenschaft und Ihre persönliche Spiritualität?

Darauf antworte ich mit einem rabbinischen Zitat, in dem es heißt: ‚Auf drei Säulen ruht die Welt. Auf der Tora, also auf dem Lernen, dem Gottesdienst und auf den guten Werken.‘ Diese drei Säulen bilden das Leben eines Theologen. Wenn die Theologie nicht in der Liturgie verwurzelt ist und im Leben der Kirche, wird sie es schwer haben. Und man muss die Dinge tun, um sie zu erkennen. Ist mein Wissen größer als mein Tun und fehlt das Gebet, wird die Weisheit keinen Bestand haben.

„Ist mein Wissen größer als mein Tun und fehlt das Gebet, wird die Weisheit keinen Bestand haben.“

Bernhard Dolna

Würde jemand behaupten, Theologen säßen im Elfenbeinturm und wären lebensfremd – was würden Sie antworten?

Die Gefahr einer Theologie im Elfenbeinturm besteht. Dabei handelt sich aber um ein mangelndes Verständnis. Denn Theologie ist immer lebensnah. Das eigene Leben und die Theologie, die man betreibt, klingen bei den großen Theologen wie bei den Heiligen zusammen. Anders gesagt: Theologen sind immer der eigene Kommentar dessen, was sie gelernt haben. Ich selbst bemühe mich täglich, dass das, was ich sage, auch authentisch ist. Wobei ich nie selbst prüfen kann, ob das wirklich der Fall ist. Das Bemühen bleibt immer eine Annäherung, ein Versuch, bei dem ich mich als Pilger fühle. Die Stolpersteine sind dabei viele, aber trotzdem bleibt diese Zusammenschau von Theologie und Leben die Perspektive, an der ich mich ausrichte.

DerSonntag / Sandra Lobnig  

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