„Wir haben immer eine Wahl!“

Graduierung 2020 – ein historischer Moment

Die Welt wird von einem Virus in Schach gehalten, das auch vor den Toren der Hochschule Trumau nicht haltmacht. Somit steht die Graduierung heuer im Zeichen der Weltkrise. Aber gerade diese bewegende Feier, die nur mit beschränkter Teilnehmerzahl stattfinden konnte, zeigte, welche Chancen und Perspektiven sich dennoch auftun können, zu welcher Hoffnung wir berufen sind, welche Wahl wir haben. Viele, die via Livestream dabei waren,  haben gerade bei dieser Graduierung die Bedeutung der Hochschule Trumau für eine lebensbejahende Zukunft, den Ruf, der an uns als Christen ergeht, auf besondere Weise erleben dürfen.

 

In der frisch restaurierten Schlosskapelle, die durch großzügige Spenden neu adaptiert werden konnte, feierte unser Großkanzler, Kardinal Dr. Christoph Schönborn, in kleinem Kreis die Festmesse, die in den Saal übertragen wurde. Bei seiner Predigt folgte er dem Blick Jesu, der jenen der Apostel und somit auch den unseren auf das lenkt, was er selbst sieht: auf eine arme Witwe, die nur „zwei kleine Münzen von ganz geringem Wert“ spendete (Markus 12:41, 42). Jesus habe gezeigt, so der Kardinal, wie sehr wir von der Welt geblendet würden. Er habe seine Jünger zusammengerufen, um sie zu lehren, seinem Blick zu folgen. Auch die Bedeutung der Kirche liege in einem Zusammenkommen bei Jesus, um mit seinem Blick auf die anderen schauen zu lernen, um zu sehen, was er sehe. Die Witwe habe alles gegeben, ihr ganzes Leben. In diesem selbstlosen Akt zeige sich ihre Größe. Jesus verweise damit auch auf seine eigene Bestimmung. Bei dieser Gelegenheit dankte der Kardinal all unseren Sponsoren und Freunden für ihre Hilfe und schloss sie in das fürbittende Gebet ein.

Im Anschluss daran begab sich die kleine Schar in Prozession in den Festsaal zur Diplomverleihung und gemeinsam mit jenen, die via Livestream zugeschaltet waren, feierten wir den akademischen Abschluss des Jahres, der heuer auf den Samstag vor dem Fest der Heiligen Dreifaltigkeit fiel. In seiner Eröffnungsrede erörterte unser Großkanzler dieses essentielle Mysterium unseres Glaubens, das wir ja Im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes bekennen. In der Antwort Jesu auf die Frage des Hohen Priesters, ob er der Sohn Gottes sei, liege die Wurzel unseres Glaubens. Dies sei die Schlüsselstelle des Neuen Testaments schlechthin. „Wir berühren damit die Wirklichkeit unseres Glaubens“, so der Kardinal. Jesu Zeugnis sei das Zeugnis unseres Glaubens. Derjenige, der an Jesus glaube, stehe in der Mitte des Mysteriums der Heiligen Dreifaltigkeit, in dieser lebendigen Beziehung, in der der Sohn eins sei mit dem Vater.

Nach diesen bewegenden Worten und der Frage des Kardinals an uns alle: „Glaubst Du das?“, fand die eigentliche Diplomverleihung statt. Es wurden 28 Diplome verliehen. Die Absolventen stammen, dem internationalen Charakter der Hochschule entsprechend, aus den USA, China, Uganda sowie aus Norwegen und Frankreich, aus den Nachbarländern Deutschland, Slowakei, Tschechien und Ungarn und natürlich auch aus Österreich. Es wurden 6 Zertifikate im Studium Generale verliehen, 11 Diplome in Studien zu Ehe und Familie, weitere 6 staatlich anerkannte Magister der Theologie, vier Lizentiate der Theologie und ein Doktorat.

„Wenn ich an das ITI denke, dann denke ich an Licht und Hoffnung und Schönheit.“

Die Absolventensprecherin beeindruckte durch ihre authentischen Worte. Sie betonte einleitend, dass es immer wieder faszinierend sei, aus welch unterschiedlichen Gründen die einzelnen Studierenden an die Hochschule kommen würden, wie einmalig und unverwechselbar jede einzelne Biographie sei. Auch sie selbst, die sie in erster Linie an Mode interessiert gewesen sei, hätte sich niemals vorstellen können, an einer Theologischen Hochschule zu studieren. Sie sei dankbar, dass Gott ihre Pläne durchkreuzt habe. Absolventen, die coronabedingt nicht anwesend sein konnten, kamen mit kurzen Gedanken zu Wort, die zeigten, welche Wirkung und welche Bedeutung das Leben und das Studium am ITI für sie hatte.

„Man kann über die Seminarmethode am ITI nur allzu glücklich sein, über das Studium der Quellen, über die Schönheit der Natur und die großartige Gemeinschaft am Campus!“  

„Wenn ich an das ITI denke, dann denke ich immer an einen Ort, an dem ich die Liebe zu Christus gefunden habe, die sich im Studium äußerte und durch alles, was ich an Gaben und Freundschaft von den anderen empfangen habe, sowie in der Tiefe meines Schmerzes.“

„Das, was ich am ITI besonders schätze, ist, wie sich Katholiken aus der ganzen Welt, viele Nationen und Kulturen integrieren und sich auf die Suche nach der Wahrheit und der Schönheit des katholischen Glaubens und Lebens machen.“ 

In guter Tradition beendete der Rektor der Hochschule, Prof. Dr. Christiaan Alting von Geusau, diese besondere, unvergessliche akademische Feier. Mit großem Dank wandte er sich zu Beginn seiner Ansprache an unseren hochverehrten Großkanzler und drückte die Hoffnung aus, dass den vielen Jahren, die er uns als Vater und Hirte schon begleitet habe, noch viele weitere Jahre folgen mögen.

Der Rektor erinnerte in seinen Ausführungen an die schlimmsten Katastrophen des 20. Jahrhunderts, an die Naziherrschaft und den Holocaust. Mit zwei Zitaten von Holocaustüberlebenden legte er den programmatischen Rahmen seiner Rede aus.  „Alles kann dem Menschen genommen werden, außer einem: die letzte menschliche Freiheit – sich in jeder Situation für eine eigene Haltung entscheiden zu können, den eigenen Weg zu wählen.“ Und dieser Aussage Viktor Frankls fügte er ein Zitat der KZ-Überlebenden Edith Eger aus ihrem Buch „Die Wahl“ hinzu:

„Leiden ist unabwendbar und universell. Aber die Art und Weise, wie wir darauf antworten, ist unterschiedlich. Es ist immer einfacher, jemanden oder etwas dafür verantwortlich zu machen als für sich selbst Verantwortung zu übernehmen und die Opferrolle abzulehnen! Auch Edith Eger traf ihre Wahl, sie traf Die Wahl und entschied sich, ihre Leiden zu transzendieren und für andere aufzuopfern – sie wählte die Freiheit.

Auch wir, die wir inmitten einer Krise, in einer außergewöhnlichen Zeit leben würden, so der Rektor, die enorme, noch nicht abschätzbare weltweite Auswirkungen haben werde, auch wir hätten die Wahl, auch wir könnten uns für die Freiheit entscheiden. „Wollen wir uns als Opfer betrachten oder sehen wir es auch als Chance, Verantwortung und Seelenstärke zu zeigen und nicht in Selbstmitleid und Lamento über die schlechte Welt zu verfallen?“, sagte Prof. Geusau.

„Liebe Absolventen! Welche Wahl werdet Ihr treffen?“

„Wir können nicht zu „business as usual“ zurückkehren, das ist sicher. Unser Leben, unsere Welt wird sich radikal verändern. Ich möchte Euch nochmals darauf hinwiesen, dass wir Christen „eine prophetische Stimme in der Wüste unserer Zeit sein sollten“ und Ihr solltet diese führende Stimme in dieser Zeit sein“, appellierte der Rektor an die Absolventen.

„Welcher Ruf ergeht an die jungen Christen von heute?“ An dieser Stelle verwies der Rektor auf den Dekan der Hochschule, Prof. Dr. Bernhard Dolan, der in einem Zwiegespräch anlässlich einer der wöchentlichen livestream-Sendungen des Rektors sagte, dass wir uns von der ganzen Konfusion distanzieren und uns auf die Vernunft konzentrieren sollten, um auf das zu schauen, was wirklich wesentlich sei. Wir sollten versuchen, Antworten auf das zu finden, was heute passieren würde, und dabei unseren Intellekt benutzen, der im Gebet und in der Tradition verwurzelt sei, um zu Analysen und Ergebnissen zu gelangen.

Rektor Geusau erinnerte auch nochmals an die Worte des Heiligen Vaters: „Ihr seid aufgerufen, diese Zeit der Prüfung als Zeit der Wahl anzusehen“.

Gestärkt und im Gebet verbunden gehen diese Absolventen des Jahrganges 2020 nun hinaus in eine unsichere Welt. Die gesamte Hochschule wünscht ihnen Glück auf ihrem Weg. Mögen sie zeigen, dass Christen immer eine Wahl haben und die Welt zum Besseren wenden können. 

Besuchen Sie unsere Website unter: www.iti.ac.at. Die Videos zur Graduierung finden Sie unter: https://www.youtube.com/user/ITITrumau.