Koch: Päpste Benedikt und Franziskus haben gleiches Ökumene-Ziel

Vatikanischer "Ökumeneminister" referierte bei Tagung des "Neuen Ratzinger-Schülerkreises" in Trumau über Ökumene-Verständnis von Papst Benedikt.

Wien (kath.net/ KAP)
Übereinstimmung über das Ziel der Ökumene - bei unterschiedlichen Akzenten, wie dieses Ziel besser zu erreichen ist: So hat Kurienkardinal Kurt Koch die ökumenischen Profile von Papst Franziskus und Papst Benedikt XVI. im "Kathpress"-Interview beschrieben. Der Präsident des Päpstlichen Rates zur Einheit der Christen äußerte sich am Rande einer ökumenischen Tagung im "International Theological Institute" (ITI) in Trumau (Niederösterreich), zu der der "Neue Schülerkreis von Kardinal Ratzinger/Papst Benedikt XVI." geladen hatte.

Papst Benedikt sei lebenslang ein Theologe gewesen und geblieben und habe auch die Ökumene in diesem Sinn reflektiert, skizzierte Koch. Papst Franziskus sei hingegen "eher der Pfarrer, der Akzente setzt im praktischen Handeln". Dem amtierenden Pontifex gehe es mehr "um das gemeinsam auf dem Weg sein, Freundschaften pflegen, gemeinsame Aktionen setzen wie auf Lesbos und das Evangelium gemeinsam verkünden". Die ökumenische Zielvorstellung sei freilich die gleiche: Es brauche eine sichtbare Einheit im Glauben, bei den Sakramenten und Weiheämtern. Kardinal Koch hielt beim Symposion den Eröffnungsvortrag und erläuterte das Ökumene-Verständnis des Ratzinger-Papstes. Für Benedikt XVI. sei demnach die wiederzugewinnende Einheit der Kirchen kein politisches Problem, das man mit Kompromissen lösen könne. Das Ziel der Ökumene müsse die sichtbare Einheit, manifestiert im gemeinsamen Glauben, in den Sakramenten und Dienstämtern, sein. Das schließe legitime Unterschiede nicht aus. Und das sei für Benedikt zutiefst eine Frage des Glaubens, weshalb für ihn auch das Gebet um die Einheit das Herzstück der Ökumene sei. Ein bloßes "friedliches Zusammenleben" sei jedenfalls zu wenig.

Ökumene sei nicht als Anschluss einer Kirche an eine andere zu verstehen, betonte Koch. Vielmehr gehe es Papst Benedikt darum, dass alle Kirchen sich immer mehr um die Nachfolge Jesu Christi bemühten, auf diesem Weg immer mehr auch aufeinander zugingen und so zur Einheit gelangten. Benedikt habe hier auch immer wieder die untrennbare Verbindung von Mission und Ökumene unterstrichen, bei der die Kirchen gemeinsam Zeugnis für die Gegenwart Gottes geben, erläuterte Koch.

In diesem Zusammenhang sei laut dem Kurienkardinal auch das gemeinsame karitative Zeugnis zu sehen, das für Papst Benedikt eine unaufgebbare ökumenische Dimension hat. Der karitative Dienst sei elementar auf dem Weg zu Einheit. Das jüngste Zusammentreffen von Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios auf der griechischen Insel Lesbos, bei dem die gemeinsame Sorge der Kirchen um die Flüchtlinge zum Ausdruck kam, sei ein ausgezeichnetes Beispiel dafür.

Eine zentrale Frage in der Ökumene sei jene nach dem Kirchenverständnis, führte Koch weiter aus. Hier stünden sich die katholische und orthodoxe Kirche am nächsten. Probleme bereite freilich die Primatsfrage. Hier habe Papst Benedikt aber schon als Theologieprofessor 1976 bahnbrechend festgestellt, dass "Rom vom Osten nicht mehr an Primatslehre fordern muss, als im ersten Jahrtausend formuliert und gelebt wurde". Das Papstamt müsse als Dienstamt und nicht als Machtposition verstanden werden, forderte Kardinal Koch ein.

In den Beziehungen zu den Kirchen der reformatorischen Tradition bedürfe es freilich einer umfassenden Klärung des Kirchenverständnisses, so Koch. Diese Kirchen wollten von sich aus in einer anderen Weise Kirche sein, als dies bei der katholischen und orthodoxen Kirche der Fall sei.

"Ut unum sint"

Das Symposion in Trumau stand unter dem Titel "Ut unum sint". So hieß die Aufsehen erregende Enzyklika von Johannes Paul II. vom 25. Mai 1995, in der der Papst den Wunsch nach der Einheit aller Christen bekräftigte und zum Dialog über die Ausübung des Petrusamts durch den Bischof von Rom aufforderte. Beleuchtet wurden bei dem Symposion neben der Ökumene-Theologie von Papst Benedikt XVI. u.a. die katholisch-orthodoxen Beziehungen gut 50 Jahre nach der Aufhebung der gegenseitigen Exkommunikation sowie die Beziehungen zur evangelischen Kirche im Vorfeld des Reformationsjubiläums bzw. -gedenkens 2017. Kardinal Schönborn erinnerte in seinem Vortrag an einen syrisch-orthodoxen Priester, der 2006 entführt wurde und dem Papst abschwören sollte. Das wäre für den Nichtkatholiken kein Problem gewesen. Er weigerte sich trotzdem und wurde erschossen. Wenn auch in der Ökumene die theologische Diskussion über strittige Themen unbedingt notwendig ist, sind doch Erfahrungen persönlicher Freundschaften genauso bedeutend. Dieser "Ökumene der Freundschaft" maß der Wiener Erzbischof "eine besondere Kraft für die Zukunft der Ökumene" zu. Weiters unterstrich der Kardinal die "Ökumene des Martyriums" und wies auf die massive weltweite Christenverfolgung hin. Die Gegner und Verfolger des Christentums machten keinen Unterschied zwischen den Konfessionen. "Von außen werden wir darauf festgemacht, dass die Kirche eine einzige ist", sagte Schönborn. Das sei eine - wenn auch unfreiwillige - Herausforderung, gemeinsam als Christen Zeugnis zu geben. Der Kardinal erinnerte in diesem Zusammenhang an das Schicksal eines syrisch-orthodoxen Priester im Irak, der unmittelbar nach der "Regensburger Rede" von Papst Benedikt 2006 verschleppt worden war. Seine Entführer forderten ihn auf, dem Papst abzuschwören. Das wäre eigentlich für einen syrisch-orthodoxen Christen, der sich nicht zur katholischen Kirche bekennt, kein Problem. Der Priester habe sich jedoch mit dem Hinweis geweigert, dass dies in dieser Situation ein Verrat am Christentum sei, erinnerte Schönborn. Die Entführer hätten den syrisch-orthodoxen Priester im Anschluss ermordet.
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